Montag, 24. September 2007

Zerrbild des Widerstands

Nachdem meine Rezension von Peter Weiss' "Ästhetik des Widerstands" anlässlich seines 25. Todestages im CEE IEH an der Faulheit des Rezensenten gescheitert ist, habe ich mich nun zu einem Relaunch entschlossen und werde vielleicht immer mal Thesen zum Buch einstellen, um vorab einige Gedanken zur Diskussion zu stellen:

Der Ich-Erzähler reflektiert immer wieder auf die Schwierigkeit eines Widerstands, die ihm im Begreifen der Totalität der Umstände begründet ist - was den faden Beigeschmack hat, eine ungewollte Apologetik der Unmöglichkeit eines Widerstands im 3. Reich zu betreiben. Praxis (die die Protagonisten als kommunistische verstanden haben wollen) geht immer mit dem Reduktionismus einher, das Ganze nicht fassen zu können resp. eine Ahnung des Gefangenseins im falschen Bewußtsein zu haben. (S. 113f.*). Dieses falsche Bewußtsein konstituiert sich doppelt: Zum einen aus der Schwierigkeit, wenn nicht gar Unmöglichkeit, aus ihrer Klassenzugehörigkeit das fassen zu können, was sie zum theoretisch geleiteten Widerstand "abarbeiten" (S. 107*). Zum anderen aus der systemimmanenten Perspektive des 3.Reiches, welches eigentliche, kritische Erkenntnis gar nicht zuließ, sondern immer nur im Erahnen, in der "Empfindung, daß das, was [sie] taten, das Richtige war" (S. 116*), verhaftet bleiben muß. Das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis führt die Protagonisten allzu oft in Stagnation. Der "Filter", den sie über ihren "Sinnen" (S. 113*) vermuten, läßt sie zwar noch seine Existenz erkennen, aber, je nach Standpunkt, scheinbar oder anscheinend nicht bezwingen. Und eben jener "Filter" ist dieses doppelt konstituierte , falsche Bewußtsein.

*Die Seitenzahlen beziehen sich auf die Taschenbuchauflage aller drei Bände von 2005

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